Montag, 28. Februar 2011

Eierkuchenwoche!!

Hier die versprochenen Bilder:










Übrigens begann hier am Sonntag "Masleniza". So wird die Woche vor der großen Fastenzeit hier genannt. Wenn Masleniza ist, isst man jeden Tag Eierkuchen- JAAA!! Das wird eine SUPERWOCHE (obwohl nichts über Omas Eierkuchen geht (besagte Oma fühlt sich jetzt bitte angesprochen :) ))

Eure Lotte

Sonntag, 27. Februar 2011

-37°C, Männertag und Bob

Montag plauderte ich etwas mit Lisa und Seda. Irgendwann kamen wir darauf zu sprechen, dass ich bald ein halbes Jahr hier lebe und erinnerten uns an die ersten Wochen meines Aufenthaltes. Lisa meinte, ich hätte mich verändert. Zu Anfang wäre es sehr auffällig gewesen, dass ich nicht von hier bin, doch mittlerweile, so meinte sie, sei ich eine von ihnen geworden.
Nichts desto trotz gibt es Dinge an die ich mich noch nicht gewöhnt habe und auch nie gewöhnen will. So zum Beispiel, dass 90% der Lehrkörper während des Unterrichts Anrufe entgegennimmt und fröhlich drauf los plaudert.

Ich hatte dienstags schulfrei, da in der Schule irgendeine Olympiade stattfand. Olympiaden und Wettbewerbe sind hier übrigens sehr häufig. Xjuscha ging auch nicht zur Schule, also passten wir auf Dascha auf.
Gegen drei gingen wir zum „Mütterchen“, welche die Familie zu leckeren Piroggen gerufen hatte. Wenn es um Piroggen geht, muss man mich nicht zweimal rufen und so standen wir bereits um zwei auf der Matte und halfen noch bei einigen Vorbereitungen. Meine Gastmutter legte ihr Hochzeitsvideo ein und so erfuhr ich noch etwas über russische Hochzeitstraditionen: Der Bräutigam bringt seine Braut zur Kirche. Auf dem Weg zu ihr muss er verschiedene Aufgaben erfüllen, welche seine Liebe zu ihr beweisen, erst dann wird er in ihr Zimmer gelassen. Dort stößt die Familie kurz auf das Brautpaar an (dies ist meiner Meinung nach viel zu früh, denn noch sind sie ja nicht vermählt…). Anschließend ging es in diesem Falle zum Standesamt. Während der Zeremonie im Standesamt dürfen die Eltern des Hochzeitspaars nicht dabei sein (stellt euch mal eine Hochzeit ohne die tränenerfüllten Augen der Mütter vor, welche ihre Kinder das magische Wort „Ja“ sprechen hören). Anschließend folgt das übliche Festessen mit Torte, Glückwünschen und Tanz.
Vollgestopft mit Piroggen machten Xjuscha und ich uns auf den Rückweg. Meine Gastmutter würde zusammen mit Dascha die Nacht bei „Mütterchen“ verbringen, da laut Wetterbericht die Temperaturen auf –37°C absinken sollten und meine Gastmutter um die Gesundheit ihrer Kleinen fürchtete.

So kam es dazu, dass Xjuscha und ich am Mittwoch dem 3.2. schliefen - laaaaange schliefen. Es war Feiertag: „Tag der Roten Armee“ oder „Männertag“, weshalb die Gäste auch nicht lange auf sich warten ließen. Die „Oma“, ihr Lebensgefährte und Sascha kamen vorbei. Zusammen mit der „Oma“ buk ich Piroggen. Während der Teig ruhte erklärte mir ihr Lebensgefährte wie man „Borschtsch“ kocht, wobei ich dann auch gleich mithalf. Hmmmm lecker!! Ich liebe russische Küche!!
Nachmittags schmökerte ich ahnungslos in dem Buch, welches mir die Deutschlehrerin einst gab. Es ist eigentlich zum deutsch lernen gedacht aber aufgrund der Übersetzung ins Russische kann ich es in diesem Falle zum russisch lernen verwenden. Ich schmunzelte, denn Ich las folgendes:
„Wo kann man in Deutschland essen? Restaurant, Gaststätte, Bistro, Schnellimbiss, Imbissbude, Pizzeria, Sushibar", (jeweils mit kurzer Definition was sich dahinter verbirgt) und jetzt das zum Schmunzeln: "Kneipe und Stammkneipe.“ Sehr amüsant, mit welchen Informationen man über Deutschland versorgt wird.
Wie gesagt, ich schmökerte also ahnungslos vor mich hin, als meine Gastmutter ins Zimmer kam, Xjuscha den Hörer hinhielt und sie aufforderte ihrem Stiefvater zum Männertag zu gratulieren. Sie grinste mich an und meinte: „Dascha hat schon gratuliert. Fehlt nur noch die dritte Tochter - überleg dir also schon mal was du sagst!“ Innerhalb von wenigen Minuten freundliche Wünsche auf russisch aus den Fingern saugen, welche nicht dasselbe beinhalten, was schon 3 weibliche Geschöpfe vor mir gewünscht haben. Klasse. Ich wünschte ihm Erfolg bei der Arbeit und viel Freude mit seiner Familie. Er freute sich. Ich freute mich. Fehlerfrei.

Das Ausschlafen und in den Tag dümpeln hatte am Donnerstag ein jähes Ende, als 6:30Uhr der Wecker klingelte und uns zur Schule rief.
Übrigens: Als ich mich am Nachmittag wieder mit den Künsten des fernöstlichen Tanzes auseinandersetze, fragte ich meine Gesprächspartnerin vom letzten Mal, wie sie heiße und für wie alt sie mich zunächst gehalten habe. Sie heißt Nastja und hielt mich für eine 20jährige Studentin. Äh. Ja….

Gedankensprung: Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Immer um das eine Thema - als ich den Samstagvormittag wieder in der Schule verschwendete, dachte ich nur an: „Bist du dir da sicher? Nach der Schule lässt du dir die Haare schneiden…“ Ja, ihr habt richtig gelesen: Ich ließ mir am Samstag wirklich die Haare schneiden und hatte deswegen den ganzen Tag ein mulmiges Gefühl. Ich wollte einen Bobschnitt - also kurz. Der Grund für diesen radikalen Eingriff? Das Wasser. Irgendetwas ist hier in dem Leitungswasser (vermutlich Chlor), womit mein Körper so gar nicht klar kommt. Im Klartext: Beim Haarewaschen fallen mir die Haare aus. Liest sich witzig, ist es aber nicht, wenn man sich die Haare kämmt und die ganze Bürste voll Haare hat. Wir sind vor ein paar Monaten schon zum Schularzt gegangen, welcher mir Tabletten und Pflegeöl verschrieben hat - es hilft nichts. Mein Entschluss stand also fest: lieber kurze Haare als Glatze und so ging ich am Samstag zum Friseur.
Vor ein paar Monaten war ich schon mal hier gewesen - nur zum Spitzenschneiden - aber so kannte ich wenigstens die Friseuse. Ich mag Friseurbesuche nicht. Nach besagtem Besuch hat man nie das gewünschte Ergebnis auf dem Kopf und die Tatsache, dass ich meine Frisurwünsche auf russisch erklären musste verstärkten nicht gerade meine Hoffnungen auf ein gelungenes Ergebnis.

Ich, während ich mich setze: „Hallo, ich hätte gern Bob.“
Die Friseuse blickt ungläubig auf meine bis auf Höhe Zwerchfell reichenden langen Haare und meint: „..also kurz?!“
Ich: „Ja. Kurz. Hinten etwas kürzer, als vorn und den Pony bitte auf Höhe der Brille.“
Sie schnippelte drauf los. Ich schloss die Augen. Ab und zu blinzelte ich und sah lange, gelockte Strähnen zu Boden fallen, was mich dazu veranlaßte die Augen schnell wieder zu zumachen. Als ich das Geräusch das Rasierers hörte, beschlich mich das entsetzliche Gefühl, dass sie etwas falsch verstanden hat... Doch als ich die Augen öffnete, um das Resultat anzusehen, war ich zufrieden. Mein Spiegelbild hat sich sehr stark verändert

- Fotos folgen nächste Woche.


Nach dem Friseurbesuch ging ich mit einem ungewöhnlich luftig, leichten Gefühl um den Kopf in das Einkaufszentrum „Schupaschkar“, kaufte ein paar Hefte (zum Üben) und erkundigte mich nach Wasserfiltern. Diese nützlichen Gegenstände sollen angeblich Haarausfall und Hautreizungen verringern, wenn man sie in die Dusche einbaut - nur für den Fall, dass der neue Haarschnitt nicht zweckerfüllend ist.

Im russischen Heim angekommen wurde meine Frisur für gut befunden. Den restlichen Tag sahen wir russische Märchenfilme und ich unterrichtete meine Gastmutter von der Idee eines Wasserfilterkaufes.

Meine Gastmutter buk heiliges Brot am Sonntag. Der Teig dieses Brotes ist aus einem Kloster und das Brot an sich darf man nur einmal im Leben backen.
Meine Gastmutter, Dascha, Xjuscha und ich versammelten uns um das Brot. Meine Gastmutter sagte ein paar Gebetsverse auf. Wir kreuzigten uns häufig. Schließlich brach sich jeder ein Stück vom Brot ab und verzehrte es. Während des Verzehrs darf man sich etwas wünschen (außer Geld).
Ich hätte das Brot gern fotografiert - aber ich traute mich nicht. Es sieht aus wie ein normales Brot und schmeckt wie ein Rührkuchen.
Den restlichen Sonntag vertrödeln wir vermutlich.

Fazit: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Oder Zeitgemäß: No risk, no fun! – mir steht Bob!”

Lotte



PS.: An dieser Stelle noch besonders liiiiebe Grüße an meine Großtante, welche am 26 Februar Geburtstag hatte. Alles Gute nachträglich (ich gratulierte dir ja bereits schon) – ich hätte übrigens gern deinen fantastischen Quadratmeterkuchen gegessen!

PPS.: Am Montag bin ich ein halbes Jahr in Cheboksary!

Samstag, 19. Februar 2011

3 x 40 = 120 Minuten

Valentinstag. Wie ich diesen Feiertag hasse. Die ganze Welt hat sich gekünstelt lieb und kurbelt die Geschenkindustrie, mit dem Kauf sinnloser Papierglitzerherzchen, Luftballons, Süßkram und Rosen, an… In Deutschland wird der Tag nicht soo groß begangen. Verliebte schenken sich gegenseitig Rosen, Pralinen oder denken sich kleine Überraschungen aus - das mag ja noch gehen. Aber hier steht alles auf dem Kopf! Am 14.02. kam ich in die Schule und „wär´ fast aus den Latschen gekippt“. Der schwarzweiße Dresscode wurde gegen rosa- oder rotfarbene Kleidung eingetauscht, an den Klassenzimmertüren hingen kleine Kartons, welche mit Herzchengeschenkpapier beklebt waren. Dort hinein warf jeder seine Papierglitzerherzen mit den Valentinstagsglückwünschen. Zum Glück hatte Xjuscha mich etwas auf den Wahnsinn vorbereitet, sodass ich für alle meine Freunde kleine, kitschige Papierherzchen dabei hatte. Ja, ihr habt richtig gelesen: „Für meine Freunde“. Hier beschenkt man alles, was zwei Beine hat und einem irgendwann mal freundlich zugelächelt hat. Die Zimmer sind mit Herzen und Engelchen geschmückt - ganz ehrlich - hätte ich das gewusst, dann hätte ich meinen Fotoapparat eingepackt. Die absolute Krönung wartete aber in Englisch auf mich: Anstatt Unterricht aßen wir rosafarbene Herzchensahnetorte und sahen einen Film.

Am Dienstag war der Kitsch endlich vorbei und ich konnte mich der Englischolympiade widmen. Meine Englischlehrerin hatte ein paar Schülerinnen und mich gefragt, ob wir die Olympiade in der 3. Klasse betreuen könnten. Im Klartext: vier Unterrichtsstunden 1000 Fragen beantworten:
„Darf ich auf die Kopie schreiben?“
„Nein.“
„Worauf dann?“
„Auf das weiße Blatt neben dir.“

Ein anderen Schüler 5 Minuten später:
„Ach - auf die Kopie dürfen wir nicht schreiben??“
*Arrg*

Anschließend noch Punkte verteilen und beim Essen austeilen helfen.
Meine Klasse hatte wieder „Dienst“. Dazu gehört auch den Essensdamen beim Essen austeilen zu helfen. Übrigens läuft das hier anders ab, als in Deutschland. Während der Stunde decken die Essensfrauen den Tisch. Der Schüler muss sich nur noch setzen und essen. Die Lehrerinnen beaufsichtigen das und verteilen noch Suppe an all jene, welche bezahlt haben. Das Schulessen (Suppe, Hauptgericht, Salat, 1 Scheibe Brot) kostet pro Woche 175 Rubel - rund 4,40 Euro. Ach und da wir grad beim Essen sind: Das mitnehmen von Brotbüchsen oder Getränken ist hier vollkommen unüblich. Man kauft alles in der Cafeteria.

Nach der Schule besuchte ich einen Handarbeitskurs. Die freundliche Frau zeigte mir, wie man Freundschaftsarmbänder macht. Jetzt trage ich 12 Freundschaftsarmbänder und trau mich nicht ein einziges abzunehmen, da ich Angst habe jemanden zu kränken. Nächste Stunde werde ich tschuwaschische Muster sticken.

Wieder im russischen Heim machte ich meine Hausaufgaben und ging anschließend wieder zum tanzen.

Wie schade, dass ich nicht in der Grundschule bin, denn am Mittwoch waren wieder –25°C, sodass alle Grundschüler jubelnd nach Hause stürmten.
Die Praktikantin, Maria, lud mich ein am Abend zusammen mit den anderen Schülern meiner Schule den deutschen Film „Kirschblüten“ in der Universität anzusehen. Ich sagte zu.
Als der Film endete, fragte der Lehrer wie uns der Film gefallen hätte. Der Lehrer ist knapp über 20 und kommt aus Deutschland. Es meldeten sich nun einige Studenten und beurteilten den Film auf Deutsch - mit Mühe und Not. Maria stupste mich an und meinte: „Sag irgendwas in schönem Deutsch!“ Na gut. Ich meldete mich. Das Gesicht des Lehrers war knuffig: Mit akzentfreiem Deutsch hatte er offenbar nicht gerechnet. Während ich also antwortete, sah mich Maria strahlend von der Seite an.

Am Donnerstag wäre ich vor Aufregung fast gestorben. 40 Minuten lang, 3 mal über mein Heimatland auf Russisch erzählen. Immer wieder ging ich alles durch. Meine PowerPoint-Präsentation, meine Karteikarten. Die Deutschlehrerin kam auf mich zu: „So nun ist es soweit: Du wirst im Konzertsaal der Schule deine Präsentation halten.“ WAS?! Im Konzertsaal? Da, wo alle Theaterstücke bisher aufgeführt wurden…der große Saal mit Bühne? Wie gesagt: ich wäre fast gestorben. In der Pause vor der ersten Präsentation stand ich abseits der Bühne und beobachtete, wie sich der Saal füllte. Vier Klassen (insgesamt würden es nach allen 3 Präsentationen 11 Klassen werden). Der Saal war voll. Klingel. Ruhe. Erwartung. Die Deutschlehrerin hielt eine kleine Ansprache, in welcher sie meine beispielhaften Russischkenntnisse anpries - was den Druck auf mich nicht gerade minderte. Und schließlich hat Xjuscha alle Fehler zuvor berichtigt, womit meine „beispielhaften Russischkenntnisse“ nicht so beispielhaft sind. Sie übergab mir das Wort:
„Hallo, ich heiße Charlotte und heute erzähle ich euch etwas über meine Heimat Deutschland.“
„ Здравствуйте, меня зовут Шарлотта и сегодня расскажу вам про мою родину Германию.»
Auf den Wunsch der Deutschlehrerin hin, hatte ich die Einleitung zweisprachig gestaltet.
Da stand ich nun. Ich erzählte von Deutschland, meinem Heimatbundesland, Landeshauptstadt, berühmte Städte, Sehenswürdigkeiten, meinem Heimatort, Feste, deutsches Schulsystem, zeigte meine Schule, erzählte von Schülerbands, Praktikum, Facharbeit, Schüleraustausch und Karneval, von überteuerten Straßenbahnpreisen (als Grund für deutsche Fahrradfahrfreudigkeit). Mein Vater hatte im letzten Paket Straßenbahntickets mitgeschickt - als Souvenir, falls weitere Studenten Andenken aus Deutschland haben wollen. Damals schmunzelte ich über seine Worte - nach der Präsentation verschenkte ich wirklich ein paar…
Es war noch Zeit für Fragen:
Wieso bist du nach Russland gekommen?
Wo warst du überall?
Was möchtest du werden?
Was gefällt dir/ gefällt dir nicht in Russland?
Hast du Geschwister?
Gibt es an eurer Schule Schuluniformen?
Warst du zu Weihnachten zu Hause?
Nein? Wieso? Das ist bewundernswert…
Vermisst du deine Heimat?
Wie lange lernst du Russisch?
Für besonderen Gesprächsstoff sorgte meine Beschreibung eines deutschen Stundenplans.
Hier erst mal, zum Vergleich, der russische:

Schulstart: 8:30 Uhr
Schulstunde: 40 min
Pause: 15/20 min
Stundenanzahl: 5 selten 7 Stunden (Zeitstunden)
Samstags Schulpflicht
3 Monate Sommerferien

Ich gab den deutschen Stundenplan in schnellen Fakten nacheinander an - mit jedem Fakt weiteten sich die Augen und Münder der Zuschauer immer mehr zu einem Erstaunen.
Schulstart: 7:30
Schulstunde: 90 min
Pause: 10 min – Frühstücks-/ Mittagspause 20/30 min
Stundenanzahl: 7-10 (Zeitstunden)
Samstags keine Schulpflicht
Sommerferien 1,5 Monate

Im ganzen Saal tuschelte es. Man findet das System aber gut. Wir Deutschen sind jetzt übrigens - in den Augen der Zuhörer - als sehr diszipliniert, ehrgeizig und fleißig angesehen…

Nach 40 Minuten hatte ich es geschafft, beantwortete noch ein paar einzelne Fragen, setzte mich anschließend unauffällig in eine Ecke und beobachtete, wie sich der Saal erneut füllte. Ich lauschte den Gesprächen:
„Was? Vortrag über ihre Heimat Deutschland? Wird die auf Russisch erzählen oder was?! Hahaha! Bestimmt auf Englisch oder Deutsch…“
Die erstaunten Gesichter, Fragen und das Gelächter über meine kleinen Auflockerungswitze wiederholten sich.

Nach den Präsentationen kamen viele Schüler und Lehrer auf mich zu, bedankten sich für die wunderbare Präsentation und lobten mein Russisch. Die Deutschlehrerin schenkte mir zum Dank eine Tafel Schokolade, welche zum gegebenen Zeitpunkt bereits als „nichtexistent“ zu erklären ist.
Die nächste Stunde war Englisch. Als meine Englischlehrerin den Unterricht beginnen wollte und mich erblickte, stockte sie.
„Was machst du denn hier? Du hast 3 Unterrichtstunden eine wunderbare Präsentation gehalten! Marsch nach Hause mit dir, das hast du dir verdient!“
Hihi.

Im russischen Heim entspannte ich mit einem Film: „Der Junge im gestreiften Pyjama.“ Natürlich sah ich ihn auf Russisch und nicht auf Deutsch. Ein sehr ernster, nachdenklich stimmender Film…
Mit den Gedanken bei der Filmthematik widmete ich mich wieder den „fernöstlichen Tanzkünsten“. Übrigens ist meine Tarnung aufgeflogen. Auf dem Rückweg ging ich mit einer Kursteilnehmerin ein Stück. Wir unterhielten uns. Sie ist 24 und lachte erstaunt, als ich sagte ich sei 17 - nächstes Mal muss ich sie unbedingt fragen was sie glaubte, wie alt ich sei. Naja, jedenfalls folgte dieser Aussage die Schlussfolgerung, dass ich noch Schülerin bin und darauf die Frage:
„Also gehst du in die 11. Klasse?!“
Stocken. Also in Deutschland: Ja. Hier ist das so eine Sache…
„Äh, ja.“
„Wieso hast du gezögert?“
„In Deutschland wäre ich jetzt in der 11. Klasse.“
„Du bist aus Deutschland? Was machst du hier? Wie lange bist du hier?“
„Ja, bin ich. Ein Schuljahr bin ich hier als Austauschler.“
„Ach - also deine Eltern wohnen hier?“
„Nein.“
„Was machst du dann hier?“
„Austausch.“
„Aber wieso? Wieso denn Russland? Wieso geht ein 17 jähriges Mädchen für 10 Monate allein nach Russland?“
Ich erklärte es und dachte dabei an eine Frage, welche Dascha häufig stellt:
„Wo ist dein Papa?“
„Weeeit weg, Daschenka.“
„Meiner auch…“
„Ich weiß, Daschula…“
„Aber, wieso bist du hier ohne deine Eltern?“
„Äh, Dasch´… das ist schwierig zu erklären..“

Ich sah den Wetterbericht und hoffte, dass endlich mal tagsüber –35°C werden würden, denn die aktuellen –35°C nachts befreien uns nicht von der Schulpflicht… Mist. –23°C…

Ich ging also widerwillig zur Schule. Noch mehr Pesonen als sonst grinsten und winkten mir zu. Viele Lehrer und Schüler bedankten sich für die gelungene Präsentation. Es ist so wunderbar, wie freundlich dieses Völkchen ist!
Maria fragte mich, ob ich nicht mit ihr in ein Klavierkonzert gehen würde. Ihre Freundinnen hätten kurzzeitig abgesagt und nun hätte sie eine Karte übrig und würde sich über meine Gesellschaft freuen. Äh, ja. 24 jährige Praktikantin freut sich über die Gesellschaft einer 17 jährigen… Ich sagte zu.

Im russischen Heim schaltete ich meinen Computer ein. Mich traf der Schlag: 40 neue Freundschaftsanfragen bei der russischen Chatplattform, bei welcher ich mittlerweile angemeldet bin und bereits über 120 "Freunde" habe - fast alle aus meiner Schule.

Um vier machte ich mich auf den Weg zur Post. Meine Eltern haben mir ein Brief geschickt. Ich stand an dem Schalter und erkannte das selbe Tantchen, welche Xjuscha und ich das letzte mal zur Weißglut gebracht hatten, als wir vergeblich versuchten das Paket abzuholen.
Ich quatschte 10 Minuten auf sie ein, bis sie endlich nachsah, ob mein Name auf dem Brief steht. Zum Glück war dies der Fall. Ich wies mich aus und füllte eine Empfangsbestätigung aus. Anschließend setzte ich mich in ein kleines Cafe, da ich in 15 Minuten mit Maria verabredet war und somit die Zeit, um zur Wohnung zurückzukehren, nicht reichte.
Bei einem Kaffee öffnete ich den Brief und las die Zeilen meines Vaters. Meine Eltern schickten mir meine langersehnten Kopfhörer. Die speziellen Köpfhörer (für iPod Shuffle) kosten hier ca. 3000 Rubel = 75 Euro! In Deutschland erwarb man sie für 8 Euro…

5:20 Uhr traf ich mich mit Maria. Wir fuhren eine Stunde zur Oper, da wir im Stau standen. Endlich in der Oper angekommen lauschten wir zunächst einem Klavierkonzert von Brahms und anschließend einer Komposition Rachmaninows. Wieder war ich etwas geschockt:
Der Pianist spielte. Das Orchester setzte ein. Das Publikum tuschelte. Ich schloss die Augen und blendete das Tuscheln aus. Geräuschvoll wurden Bilder mit Blitzlicht geschossen - Augenschließen half nicht. Der Pianist hämmerte in die Tasten, das Orchester spielte mit Leib und Seele die Noten großartiger Komponisten. Je lauter die Künstler spielten, desto lauter tuschelte das Publikum- schließlich versteht man sich sonst nicht mehr. Ich sah mich um. Da flüsterte einer am Handy, eine Frau stopfte Kekse in sich hinein, Filmaufnahmen wurden gemacht… als ein kleines Mädchen hinter mir geräuschvoll eine Chipstüte öffnete und nun anfing geräuschvoll schmatzend den Künstlern jeglichen Respekt zu verweigern, reichte es mir:
„Kannst du bitte nach dem Konzert rumfressen?!“ Fragte ich wütend das Mädchen. Hilflos sah sie ihre Mutter, welche neben ihr saß, an. Doch Mamilein versank gerade vor Scham im Erdboden und tat, als ob sie interessiert das Stück verfolgte und deshalb nichts mitbekommen hätte.
Es ist vielleicht nachvollziehbar, wenn Schüler sich so aufführen, weil sie zum „Kulturerlebnis“ gezwungen wurden. Aber es ist unverständlich, wie sich erwachsene Menschen, welche dafür freiwillig bezahlt haben, sich so respektlos verhalten können. Maria meinte auf dem Rückweg zu mir:
„Einmal unterbrach der Pianist sein Spiel, trat an das Mikrofon und sagte: ´Ich bitte um Ruhe im Saal - vor allem die erste Reihe…`“
Doch im Großen und Ganzen war es ein schöner Abend. Er stimmte mich nachdenklich. Künstler zu sein ist ein verdammt undankbarer Job geworden. Als Star werden deine Lieder illegal gedownloadet, im Kino werden sie illegal mitgeschnitten und im Theater…

Wieder im russischen Heim verfolgte ich den Wetterbericht und ningelte vor mich hin, dass ich am Samstag wieder zur Schule müsse. Meine Gastmutter meinte: „Bleib zu Hause - ich erlaube es dir!“ Jeha! Xjuscha bleibt schon seit 3 Tagen zu Hause, da sie krank ist. Wir müssen zwar auf Dascha aufpassen aber egal: endlich wieder ein Samstag entspannen!

Besagter Samstag war ein sehr schaffensreicher Tag. Ich verfasste diesen Blog, schrieb Briefe, erledigte Hausaufgaben, passte auf Dascha auf, wischte die Böden – und das alles bis 15 Uhr. Es ist seltsam geworden an einem Samstag frei zu haben - man schafft so unglaublich viel! Und morgen noch ein ganzer freier Tag!


Gute Nacht

Lotte



PS.: ein Mädchen schrieb mir:
„Hey Scharlotta, danke für deine wunderbare Präsentation! Ich muss gestehen dich etwas um deine Fremdsprachenkenntnisse zu beneiden. Übrigens hat mindestens die Hälfte meiner Klasse, nach deinem Vortrag, beschlossen, nach Deutschland zu fahren.“
Und sie ist nicht die Einzige, welche solche Nachrichten verfasst. Ich kann mich nicht erinnern in Deutschland jemals jemanden „danke“ für eine Präsentation sagen gehört zu haben…

Samstag, 12. Februar 2011

Salzige Äpfel und deftige Piroggen

In Russisch wurden wir umgesetzt. Dies hat zur Folge, dass ich jetzt neben einem Mädchen sitze, was mich zwar seit 5 Monaten kennt, mich aber dennoch die gesamte Stunde anstiert. Man kommt sich vor wie ein seltenes Ausstellungsstück in einem Museum.

In der Pause traf ich zufällig meine Biologielehrerin auf dem Schulflur an, sie lud mich ein, die Pause über bei ihr Tee zu trinken. Ich lehnte dankend ab - man muss es ja nicht mit der Ausnutzung der Gastfreundschaft übertreiben. Unbeirrt meinte sie, dass ich eine russische Delikatesse probieren müsse: salziger Apfel. Dies weckte meine Neugierde und ich folgte ihr. Im Vorbereitungskabinett probierte ich besagten Apfel. Während ich ihn zunächst interessiert beäugte, erklärte mir die Lehrerin, dass diese Äpfel, so wie Salzgurken eingelegt werden, damit man auch im Winter Äpfel essen kann. Ich biss hinein. Widerlich! Widerlichst! Ich aß tapfer den salzigen Apfel auf und beobachtete aus den Augenwinkeln eine Lehrerin, welche ebenfalls eine Frucht aß - nur das sie diese mit dem größten Genuss verzehrte…iiii

Am Abend gingen Xjuscha und ihre Mutter ein paar Besorgungen machen, weshalb ich beauftragt wurde, Dascha vom Kindergarten abzuholen.
Im Kindergarten angekommen sprang mir Dascha fröhlich entgegen und quasselte munter darauf los was sie so erlebt habe im Kindergarten. Routinemäßig schälte ich sie dabei in ihre Winterkleidung und machte mich mit ihr auf den Heimweg.
Als ich hier vor 5 Monaten ankam, wusste ich nicht mal wie man mit einem 3-jährigen Kind umgeht und jetzt hole ich es problemlos vom Kindergarten ab!

Nach dem Sandmann sah ich mir noch die Nachrichten an. Aufgrund des Tauwetters gab es mehrere Tote oder Schwerverletzte - Ursache: Herunterfallende Eiszapfen oder Dachlawinen. Meine Gastmutter ermahnte mich Häuserränder zu meiden.




Am Dienstag wollte ich herausfinden, wann ich eigentlich nach Hause fahre - reine Neugierde. Ich fragte meine Englischlehrerin (und YFU- Freiwillige). Sie hat keine Ahnung. Ich fragte Katja (YFU Zuständige) sie hat keine Ahnung. Super. Immerhin sind 5 Monate meines 10 monatigen Austausches vorbei - da interessiert es mich schon ein bisschen, wann genau ich abreise.

Am Abend ging ich wieder zum Bauchtanz. Es stellt sich mittlerweile als Problem heraus, dass ich keinen Bauch habe. Dennoch macht es mir wirklich großen Spaß!

Donnerstags lud mich meine Gastmutter zu einem Theaterstück ein. Besagtes Stück würde auf Tschuwaschisch von ihrer 2. Klasse aufgeführt werden. Es war das russische Märchen „Kolobok“ – „der Kloß“ , welches sie aufführten. Die anderen 2. Klassen führte u.a. „Die Rübe“ auf.



Kinder beim Theaterstück in traditioneller Kleidung.


Freitag war ein wundervoller Tag. Schon alleine, dass es zum Mittag in der Schulspeisung „Plow“ gab, war ein eindeutiger Hinweis darauf. Außerdem war Freitag eine Art kleines Jubiläum für mich, da ich es mittlerweile hinbekommen habe seit einem Monat jedesmal einen Sitzplatz im Trolleybus zu ergattern! Dies grenzt an ein Wunder - mal sehen wie lange sich das fortsetzen lässt.
Die absolute Krönung des Freitages war allerdings, dass ich mit einer Freundin skypte, zu welcher ich seit 5 Monaten kaum Kontakt hatte. Sie ist zzt. in Neuseeland und ebenfalls Austauschler. Ich liebe Technik! 10 Stunden Zeitunterschied und ein Ozean werden überwunden und sie erscheint auf meinem Bildschirm. Jeha!

Grund zur Freude hatten am Samstag alle Grundschüler, denn das Thermometer zeigte stolze –25°C an, was ihnen erlaubte zuhause zu bleiben. Da ich leider keine Grundschülerin bin, musste ich mich wieder mal an einem Samstag in die Schule quälen.
Den ganzen Schultag über freute ich mich auf das Mittagessen, denn als ich mich auf den Weg zur Schule machte, begann die „Oma“ Piroggen zu backen. Ich liebe diese Teigtaschen!
Als ich von der Schule zurückkehrte war der Teig gerade mal fertig mit ruhen - es gab also noch jede Menge zu tun. Ich nutze die Gelegenheit, um zu helfen und das Rezept zu hinterfragen. Diesmal buken wir eine andere Sorte Piroggen, welche mir bisher unbekannt war: Kraut und Ei - wirklich sehr lecker. Ich kenne nun also schon gefüllte Teigtaschen mit Kartoffeln, Pilzen und Kartoffeln, Kraut und Gehacktem, Kraut und Ei und mit Apfel. Meine Lieblingssorte: mit Kartoffeln.
Während des Backens unterhielt ich mich mit der „Oma“. Sie gab mir allerhand Tipps, damit ich auch ja nichts falsch mache, wenn ich versuche Piroggen in Deutschland zuzubereiten…
Beim Essen erzählte meine Gastmutter, dass für nächste Woche wieder Temperaturen zwischen –25°C und –30°C angesagt wurden. Ich hoffe es wird richtig kalt, denn dann wird die Schule geschlossen und wir haben Kälteausfall.

Fazit: Ich habe innerhalb von 5 Monaten viel dazu gelernt: Umgang mit Kleinkindern, Verbesserung meiner Sprachfähigkeiten, neue Rezepte, neue Delikatessen, Leben in einem anderen Land, Selbstständigkeit..."

Fröhliche Ferien wünsche ich den Schülern in meiner Heimat!

Lotte



PS.: Ich habe noch einmal Xjuscha zu „der Heiligen Quelle“ befragt. Es wird noch mysteriöser: Nicht nur, dass die Quelle im Winter nicht zufriert, nein sie ist immer ca. 4°C warm! Als hier die schreckliche Hitze im Sommer war (40°C), war Xjuscha dort und hat sich im kalten Wasser reinwaschen können…

Samstag, 5. Februar 2011

Die heilige Quelle

Am Sonntag rief Xjuschas Vater an und lud seine Tochter und mich ein, mit ihm und seiner Frau an die Wolga zu fahren. Wir sagten natürlich zu. Aber selbstverständlich kommt alles etwas anders als geplant, denn als das Auto abholbereit vor der Tür stand, war bereits leichter Nebel gefolgt von Schneefall aufgezogen. Xjuschas Vater änderte seine Pläne, denn er hatte Angst wir würden uns verirren auf der breiten, zugefrorenen Wolga.
So fuhren wir ins Ungewisse - das heißt: alle wussten wohin die Reise geht, nur ich nicht. Als ich nachfragte, grinste Xjuscha mich geheimnisvoll an und meinte: „Das wirst du schon sehen…“ Wir fuhren durch kleine, märchenhafte Dörfchen und waren nach ca. einer Stunde Fahrt am Ziel: „die heilige Quelle“
Wir stiegen aus. Soweit das Auge reichte, schneebedeckte Felder. Ich ließ meinen Blick weiter gleiten und erblickte schließlich unser Ziel. Wir liefen zu dem Häuschen. Unterwegs erklärte mir Xjuscha, warum ausgerechnet diese Quelle heilig ist: sie friert nicht zu. Ich dachte nun an so etwas wie eine heiße Quelle, doch als wir an dem Bächlein ankamen, dampfte es nicht, wie es sich für eine heiße Quelle in Kombination der kalten Außentemperaturen gehört. Xjuschas Vater füllte nun Quellwasser in eine Plastikflasche ab. Auch wir füllten unsere mitgenommene Flasche. Nach überliefertem Glauben ist dieses Wasser heilig und hilft auch Krankheiten zu mildern.
An diesem heiligen Ort befanden sich noch drei kleine Becken (eins Außen und zwei in einem Holzhäuschen), welche mit besagtem Wasser gefüllt waren. Hier, so erklärte man mir, könne man sich von aller Schuld rein waschen.
Ob nun heiliges Wasser oder nicht - es ist schon sehr faszinierend, warum das Wasser trotz –10°C Außentemperatur nicht zufriert. Jeder berührte nun das Quellwasser. Es war kalt - bestimmt bloß 5°C …
Zu einem heiligen Ort gehört natürlich auch ein religiöses Gebäude und so befand sich unweit der Quelle, auf einem Hügel, eine kleine Kathedrale. Xjuscha und ich kraxelten den Hügel hinauf, machten ein paar Fotos und stellten enttäuscht fest, dass die Kathedrale geschlossen war.
Hier Bilder vom Ausflug:



An so einem Ort gibt es natürlich jede Menge Verbote und Richtlinen. Hier also das Hinweisschild. (das übliche: nicht rauchen, trinken, fluchen, laut lachen, laut reden, anzügliche Kleidung, Müll ordnungsgemäß entsorgen usw.)





In diesem Häuschen sind noch zwei Becken




Die Quelle




Kathedrale




Kathedrale und ich



Ich...





Fröhliches Baden *bibber*





Alles in allem waren wir nicht sehr lange an der Quelle, sodass Xjuschas Vater beschloss auf dem Rückweg einen Abstecher zur Wolga zu machen. Ehrlich, hätte mir mal jemand gesagt, dass die Wolga direkt vor meiner Nase fließt, wäre ich schon längst mal selbst dahin gefahren… sie ist wirklich sehr breit - aber das andere Ufer ist noch erkennbar. Hier, am Ufer der Wolga gibt es auch einen Platz, an welchem Verliebte ihre Namen hinschreiben - oder sagen wir besser: kritzeln. Bilder:


Die Wolga.(Ich werde wohl noch einmal hingehen) Darauf fuhren sogar einige Ski! Übrigens ist hier Eisangeln ein beliebtes Hobby - vorallem bei Rentnern. Es ist nicht unüblich ältere Herren mit Esbohrer und Angelrute im Trolleybus anzutreffen.




Liebesschwüre - das gesamte Geländer ist mit diesen "verziert"

Bei uns geht zzt. die Grippe um. Jedenfalls gibt es hier bereits so viele Krankheitsfälle, dass einige Schulen kurzzeitig geschlossen wurden - leider trifft das nicht für meine Schule zu - wäre ja auch zu schön gewesen frei zu haben…

Dienstagabend sahen Xjuscha und ich wieder einen Film an, welcher sowohl hier als auch in Deutschland sehr bekannt ist: „Zweiohrkücken“ bzw. auf Russisch „Schönling“. Wer hätte gedacht, dass ich den deutschen Kinofilm, welcher bei uns den gesamten Sommer in den Kinos auf und ab gespielt wurde, das erste Mal auf Russisch in Russland sehen würde. Wie auch immer: Der Film ist super, aber Teil eins gefällt mir besser.

Übrigens, da ich aufgehört habe zum Training zu gehen, mache ich jetzt drei mal die Woche eine Stunde Seilspringen. Da ich nicht ganz ohne Hobby auskommen will, habe ich am Donnerstag beschlossen mir eine Art Lebenstraum zu erfüllen: Bauchtanz. Gleich um die Ecke gibt es hier eine Tanzschule, welche „östliche Tänze“ unterrichtet. Am Donnerstag nahm ich an meiner ersten Tanzstunde teil und bin hellauf begeistert. Auch dort scheint noch keiner bemerkt zu haben, dass ich Ausländerin bin, und das obwohl ich mich mit einigen Frauen unterhalten habe (zwecks Tanzkleidung, Kosten und Spaßfaktor). Als die Anwesenheitsliste herumgereicht wurde und ich meinen Namen eintrug, meinte eine Frau: „Wie ist ihr Nachname? Schreiben sie bitte ordentlich!“ Tja… ich habe ordentlich geschrieben, aber ein deutscher Nachname ist eben ungewöhnlich. Ich bin mal gespannt wie lange ich „inkognito“ dem Tanzen beiwohnen kann.

Nach der Schule bat ich Natascha mich auf „den Markt“ zu begleiten. „Der Markt“ : das ist der einzige Ort, an welchem man hier wunderbar rasselnde Bauchtanztücher bekommt und wenn ich schon tanze, dann will ich auch rasseln. Der einzige Haken an der Sache: „den Markt“ muss man sich wie einen von unseren asiatisch dominierten Märkten vorstellen. Aufdringliche Verkäufer, man wird leicht übers Ohr gehauen und allein geh' ich da sowieso ungern hin.
Also zogen Natascha und ich am Samstag los, um mir ein Tuch zu kaufen. Nataschas gute Laune blieb unverändert aufheiternd, obwohl sie gestand, dass sie den Ort genau so unangenehm empfindet wie ich.
Wir wurden recht bald fündig. Ich kaufte ein schwarzes, rasselndes Tuch und handelte sogar noch Preisnachlass aus, da ich vorgab es handele sich hierbei um schlechte Qualität - dabei ist die Qualität des Tuches gut für einen Preis von 7 Euro. Außerdem kaufte ich noch ein Mitbringsel für meine Mutter - ich weiß es sind noch 5 Monate, bis ich zurück nach Deutschland fliege, aber gemäß deutscher Planungswütigkeit beginne ich lieber zu früh, als zu spät Mitbringsel zusammen zu suchen. (Mama, wenn du das liest: Nä nä, ich sag dir nicht was du bekommst! Hier ein Tipp: Es ist echt russisch und du hast es dir vor längerer Zeit mal gewünscht und mittlerweile bestimmt wieder vergessen…)
Anschließend fuhr ich in einer Marschrutka zur Wohnung.

Das Wochenende werden wir vermutlich verplempern.

Mein Vater sprach mich neulich zum Thema Ladenöffnungszeiten an. Da ist mir aufgefallen, dass ich euch noch gar nicht erzählt habe, dass hier ein Geschäft 24 Stunden 365 Tage im Jahr geöffnet haben kann. Mit ausnahmen einiger Feiertage hängt es ausschließlich vom Besitzer ab, wann das Geschäft geöffnet hat. Man kann also noch Sonntagabends einkaufen gehen- super!!

Noch eine Besonderheit: Internet bezahlt man hier an einem Automaten. Dazu gibt man seine IP- Adresse ein, füttert den Automaten mit Geld und freut sich über seine ewig langsame Internetverbindung- dennoch: eine Internetverbindung ist besser, als keine.
Hier Bild:




Fazit: "Die Wolga ist nur 25 min.Trolleybusfahrt entfernt, also werde ich noch einmal Bilder machen gehen."